Regie
Alejandro Quintana wurde 1951 in Chile geboren und studierte in Santiago Schauspielkunst. 1973, nach dem Militärputsch in seinem Land, emigrierte er in die DDR. In Rostock gründete er mit anderen chilenischen Exilanten die Theatergruppe Teatro Lautaro. Später arbeitete als Regisseur, Schauspieler und Schauspieldirektor am Volkstheater Rostock. Auch in Heilbronn war er Schauspieldirektor und in Cottbus Oberspielleiter. Gleichzeitig zog es ihm immer wieder als Spielleiter auf die Bühnen. So zum Theater der Freundschaft in Berlin, an das Berliner Ensemble, wo er zehn Jahre blieb, nach Chemnitz und Schwerin.
Auch in seinem Heimatland Chile arbeitete er immer wieder und machte künstlerische Ausflüge als Regisseur nach New York und nach Västeras in Schweden.
Deine wievielte Hamlet-Inszenierung ist es?
Hier in Zinnowitz ist es das sechste Mal, dass ich mich mit diesem, immer wieder beunruhigendem, faszinierendem, forderndem Text auseinandersetze. Im vorigen Jahrhundert habe ich es am Volkstheater Rostock inszeniert, als opulentes klassisches Ensemblestück. Jahre danach folgte eine Inszenierung am Heilbronner Stadttheater in einer metaphorisch-gegenwärtigen Machart. Dann ein Hamlet Experiment mit Studenten der Akademie für Darstellende Kunst Baden-Württemberg. 2015 in Santiago de Chile war es eine extrem konzentrierte Fassung überwiegend mit Mitteln des Physical Theatre.
2020 hatte ich das Glück am Thüringer Landestheater Rudolstadt es nochmals zu versuchen. Wir kamen da sehr nah an den Stoff und die Zeit, an Shakespeare und unsere Gegenwart. Der Hamlet-Darsteller war ein Hammer: Präzise in Gedanken-Sprache-Körper, artistisch und philosophisch. Er ist ein Absolvent der hiesigen Theaterakademie Vorpommern – Philipp Haase.
Warum immer wieder Hamlet? Was fasziniert dich an diesem Stoff?
Hamlet, Shakespeare überhaupt, ist ein Geschenk der Theatergötter. Im Text finde ich immer wieder Themen, Gedanken, Provokationen, Liebeserklärungen, Aufmunterungen zum Denken, zum empathischen Verhalten, zum Handeln, die helfen, die konkrete Lebensphase besser zu verstehen. Der Text ist für mich eine Art Röntgenaufnahme unserer gesellschaftlichen und psychischen Existenz. Shakespeare macht im Hamlet die Gründe des Unheils sichtbar, die zu verändern sind.
Was ist die Idee hinter der Inszenierung an der Vorpommerschen Landesbühne?
Mich interessierte jetzt die Kraft, die kathartische Energie, das Ausleben innerer Konflikte, die Träume, die Fragen, die sich entwickeln können, wenn zehn jungen Menschen in Reibung mit diesem Text gehen. Knapp gesagt, es geht um ein organisiertes Verbrechen, welches auf Kosten der Kommenden verübt wird. Die Inszenierung versucht einen Kassandra-Gestus mit viel Clownerie und philosophischem schwarzen Humor. Shakespeare eben.